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    Wenn Karl 
    Meyer mit seinem GPS-Gerät im Auto über die Landstraßen im Münsterland 
    fährt, hilft er den Nutzern von „ Open-Street-Map“ im Internet. Denn der 
    44-jährige Elektrotechniker ist in seiner Freizeit ein so genannter 
    „Mapper“. Er erfasst Straßen, Geschäfte und Bankautomaten in und um die 
    Gemeinde Velen. „Während ich fahre, speichert das Gerät alle zwei Sekunden 
    die Koordinatenpunkte. So zeichne ich ganze Strecken auf, wandele sie in 
    Landstraßen um und lade sie auf die Seite von Open Street Map“, sagt Meyer. 
    Dort ergänzen seine Punkte die schon vorhandenen Wege. Natürlich ist er 
    nicht der erste, der an einer Karte über den 13.000 Einwohner-Ort arbeitet. 
    Sowohl auf der Internetseite der Gemeinde als auch bei Google Maps können 
    sich Internetnutzer Stadtpläne anzeigen lassen. Es geht auch nicht nur um 
    Meyers Heimatort. Stattdessen soll die ganze Erde neu vermessen werden und 
    die Karte und die dazugehörigen Koordinatenpunkte allen kostenlos zur 
    Verfügung stehen. Dieses ungewöhnliche und ambitionierte Projekt wurde  2004 in England 
    gegründet. Karl Meyer schloss sich 
    drei Jahre später an,  
    weil er auf der Suche nach einer 
    kostenlosen Karte war, die er auf der Homepage eines Vereins einbinden 
    wollte. 
     
    „Weltweit beteiligen sich etwa 80.000 Menschen an dem Projekt“, sagt Kai 
    Behncke, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für Geoinformatik und 
    Fernerkundung der Universität Osnabrück. Allein in Deutschland gebe es bis 
    zu 9.000 „Mapper“. Behncke beschäftigt sich wissenschaftlich mit 
    „Open-Street-Map“. „Die Qualität ist sehr gut. Sie sind zwar nicht ganz so 
    genau wie die Liegenschaftsdaten der einzelnen Gemeinde, aber sie reichen 
    für viele Zwecke.“ Er kennt einen ganz entscheidenden Vorteil des Projekts. 
    „Open-Street-Map“ verfügt über eine unglaubliche Vielfalt von Daten. Sie 
    sehen also nicht nur Straßen und Parks, sondern auch Telefonzellen, 
    Briefkästen und Restaurants.“ Der Wissenschaftler beteiligt sich auch an dem 
    Kartenprojekt. Dass viele Mapper ohne kartographische Ausbildung mit ihren 
    GPS-Geräten ausschwärmen, sieht Behncke nicht als Problem. „Es funktioniert 
    nach dem Wikipedia-Prinzip und profitiert von der Vielzahl der Nutzer.“ Er 
    nennt ein Beispiel: „Wenn ich einen Waldweg entlang jogge, der bei Open 
    Street Map aber als Teerstraße eingetragen ist, korrigiere ich die Daten 
    später.“  
     
    Doch das Projekt ist noch unvollständig und in Teilen Deutschlands hat noch 
    niemand Landstraßen, Fußwege und Kontoautomaten erfasst. „Die meisten weißen 
    Flecken gibt es dort, wo die Bevölkerungsdichte gering ist, also in 
    Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, aber auch in Teilen Niedersachsens.“ 
    Für das Emsland kann Mapper Meyer dies bestätigen. „Das wächst aber.“ In 
    Papenburg an der Ems gibt es in Wirklichkeit zwischen den Straßen 
    Hauptkanal, Russellstraße und der Rheiderlandstraße noch Wohnstraßen wie Am 
    Kamp und Meyers Tannen. Auf „Open-Street-Map“ fehlen sie und die 
    Rheiderlandstraße endet im Nirgendwo. Extremer ist es an der polnischen 
    Grenze. Der kleine Ort Grambow mit dem Bahnhof, dem Supermarkt und den 
    Wohnstraßen ist noch gar nicht erfasst. Auf weißem Grund steht nur der 
    Ortsname. Die nahe Staatsgrenze und die Eisenbahntrasse sind aber 
    eingezeichnet. Um diese Lücken zu füllen, strömt die „Open-Street-Map“-Community 
    aus und sammelt neue Daten. Das kann gerade am Wochenende zu lustigen 
    Situationen führen, weiß Meyer aus Erzählungen von Kollegen. „Stellen Sie 
    sich vor, die Anwohner im Wohngebiet arbeiten im Vorgarten und da kommen 
    Leute mit GPS-Geräten vorbei und gehen in jede Stichstraße rein, da gucken 
    die schon komisch.“ Er selbst ist aber noch nicht angesprochen worden.  
     
    Das Gebiet um Velen hat Meyer schon intensiv kartografiert, trotzdem hat er 
    noch einiges im Münsterland vor. „Ich plane, in Zukunft noch Wegkreuze zu 
    erfassen und auf der Karte einzutragen.“ Wann die Karte der gesamten Welt 
    fertig sein wird, kann Behncke nicht abschätzen. „Es gibt nicht überall GPS 
    und Internet, das man braucht, um die Karten hochzuladen. Ich gehe davon 
    aus, dass es eine komplette Weltkarte nicht geben wird.“ Die Europakarte 
    könnte aber in etwa zwei Jahren fertig sein, schätzt der Wissenschaftler. 
    Meyer hat schon von dem Programm und seinen eigenen Touren mit dem GPS-Gerät 
    profitiert. Auf die Homepage seines Heimatvereins hat er die Karte, an der 
    er mitgewirkt hat, hochgeladen.   | 
    
     
    Der Autor 
     
     
    
      
     
    Malte Florian Klein 
     
    
    Malte Florian Klein 
    (Dipl.-Geogr.) ist 1979 in Bremen geboren worden. Schon während seines 
    Studiums der Geographie, Kommunikationswissenschaft und Politikwissenschaft 
    in Münster arbeitete er als Journalist. Er schrieb frei für die  Münstersche 
    Zeitung,  Neue Gegenwart und die  Welt kompakt. Praktika absolvierte er 
    beim  Weser-Kurier, im Bremer Korrespondentenbüro der Zeitung  Die Welt, in 
    der Bundesredaktion der Bild-Zeitung und bei  Geo Special. Nach dem 
    Ende seines Studiums im Sommer 2008 arbeitet er wieder als freier Journalist 
    für verschiedene Medien.  |