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     weise 26 Euro 
    betriebswirtschaftlich eine Katastrophe. M Publication müsste einen anderen 
    Preis haben, denn sogar 26 Euro sind zu wenig. Die jetzige M Publication 04 
    Collector’s Edition wird für 69 Euro verkauft und die M 04 Colette Ausgabe 
    wird für 169 Euro angeboten. Dem wahren M Publication-Liebhaber ist das 
    nicht zu viel, er weiß was darin steckt. Außerdem kauft man M nicht nur, um 
    darin zu blättern und es anschließend wegzuwerfen. M ist ein Collectible. 
     
    Die Gegenwart: Und wer kauft M? 
     
    Lloyd: Die Bestellformulare, 
    Abonnementanfragen, Fanpost, Online-Resonanz, Awards und diverse Gespräche 
    zeigen mir folgendes: Es sind Menschen, die einen ausgeprägten Sinn für 
    Qualität haben und zwar Qualität im Bereich Informationsverpackungskunst. Sie sind 
    Innovatoren, Macher und Initiatoren, kennen sich in der Medienbranche aus. 
    Sie interessieren sich für Politik, Wissenschaft, Kunst und Mode, aber auch 
    für die Art und Weise, wie diese Inhalte visuelle „verpackt“ sind. Sind die 
    Informationen in schwarz-weiß auf einem Rollenoffsetpapier gedruckt, oder 
    finden sich diese Infos in Form von Blindprägungen auf Transparentpapieren 
    von Zanders? Unsere Zielgruppe zeichnet sich durch ihren ausgeprägten 
    Individualismus aus. Außerdem haben sie Zugang zu fast allen Informationen 
    der Medienbranche, da sie ein aktiver Teil der Branche sind. M dient als 
    Bereicherung in ihrem Privatleben. Als Genießer und Liebhaber bedeutet ihnen 
    die Vielfalt, die die 224-seitige Publikation aufweist, eine Menge; das 
    Papier ist dann in dem Fall nicht nur Canvas und Informationsträger, sondern 
    vieles mehr. Sie lebt, so hat man mir das neulich berichtet, wie ein guter 
    Wein. 
     
    Die Gegenwart:  Wen wollen Sie mit dem Magazin ansprechen? 
     
    Lloyd: Wie Renzo Rosso es in einem Interview 
    bezüglich seiner Marke 'Diesel' formulierte: “We are the first customers of 
    what we do”. Besser kann ich das nicht sagen. Wir arbeiten in der 
    Medienbranche, kennen zwangsläufig fast alle Instrumente und setzen dieselben 
    Mechanismen ein. Was würde mich persönlich interessieren? Wie würde ich die 
    Themen visualisieren? Welche Information würde ich herausstellen und 
    pointieren? Was würden meine Soulmates gerne lesen? Das ist zunächst die 
    Aufgabe, die ich mir bei jeder Ausgabe stelle. Eine sehr egoistische 
    Triebkraft, aber nur so kann ich sicher gehen, dass M Publication meine 
    Vision widerspiegelt. Dass sich am Ende Studenten, Grafiker, Professoren, 
    Stylisten, Fotografen, Autoren, Galeristen, Unternehmer aus vielen Ländern 
    darin wieder finden, gibt mir die Kraft meine Arbeit fortzusetzen. Ganz 
    klar, das ist eine Bestätigung dafür, dass meine Botschaft verstanden wurde. 
     
    Die Gegenwart: War M schon immer so teuer geplant? 
     
    Lloyd: M Publication war niemals als  
    großes Massenmedium geplant, dementsprechend ist die Preispolitik eine 
    andere als die eines Massenmediums. Dieser Preis ist ein signifikanter 
    Indikator für die Qualität der Publikation, sowohl inhaltlich als auch in 
    der Machart, welche fast schon als „subventioniert“ durchgehen könnte, da M 
    durch ganz viel Hingabe, Leidenschaft und ein Stück Selbstausbeutung 
    entsteht. 
     
    Die Gegenwart: Was wollen Sie mit M erreichen? 
     
    Lloyd: Ich wollte einfach ein Medium schaffen, 
    das alles und vieles vereint, was ich mir bisher gewünscht hatte, aber als 
    reales Produkt bis heute nicht gefunden habe. M Publication sollte von 
    allem etwas haben; ein Foto-Text-Essay-Interview-Grafik-Buffet, ein 
    Schlaraffenland an Ästhetik und Themen; ummantelt von einem etwas 
    altmodischen „old school“ Gestaltungsprinzip und verfeinert durch moderne 
    Akzente. M Publication ist eines der vielen kleinen aber feinen 
    Printprojekte, die ich geplant habe. Selbstverständlich haben alle Produkte 
    zwangsläufig einen Product Lifecycle. Und auch für M ist alles 
    vorprogrammiert. Will man das Verlegertum ernsthaft betreiben, so liegen 
    ganz andere Hindernisse auf dem Weg, die einen komplett vereinnahmen – Dinge 
    wie Distribution, Mediaplanung, PR, Modezyklen, et cetera. Da bleibt kaum 
    Luft für das große Nachdenken nach dem Motto, was will ich erreichen? In 
    Deutschland sind die Independent-Verleger gerade aus finanziellen Gründen 
    rar gesät; an der Kreativität mangelt es nicht. Wenn ich dazu beitragen 
    kann, dass die Unternehmen auch mal die Independents bei der 
    Budgetverteilung bedenken und uns ihr Vertrauen schenken, so habe ich ein 
    Teil meiner Ziele erreicht. Mein großer Respekt geht an dieser Stelle an den 
    Vater der Independent Magazine-Szene, den Perser Masoud Golsorkhi, der mit 
    Tank einigen Mut gemacht hat und Terry Jones, der i-D ins Leben rief. 
     
    Die Gegenwart: Wie ist es zu der Idee eines derartigen Magazins gekommen? 
     
    Lloyd: Durch Beobachtung: Mit dem Studium und 
    der Diplomarbeit hat es angefangen. Ich wollte ein sehr nüchternes Thema 
    lebhaft und visuell darstellen. Meine Recherche ergab, dass der Markt voll 
    von unendlich vielen bunten Büchern und unzähligen textlastigen altmodischen 
    Informationsblättern war, jedoch nichts bot, was mir richtig gut gefiel. 
    Jahre später, als ich mich für Mode, Lifestyle und Kunst zu interessieren 
    begann, hatte sich nichts verändert. Ebenso langweilig war es in der 
    Magazinszene. Leider nichts, was beides perfekte vereinte – Information und 
    Ästhetik. Mein Wunsch wurde deshalb umso größer, etwas Eigenes zu machen und 
    die Ressourcen fanden sich schließlich ein. 
     
     
    Die Gegenwart: A propos Ressourcen  
     –  
    
    wie finanzieren Sie das Projekt? Nur über den Preis und das 
    Sponsoring? 
     
     
    Lloyd: Die Finanzierung eines solchen Objekts 
    ist extrem schwierig, besonders in Deutschland. Die deutschen Unternehmer 
    und ihre Mediaplanner sind leider sehr skeptisch gegenüber Independent 
    Magazinen. Dagegen floriert und gedeiht die Szene in England, Spanien, 
    Holland und einigen anderen europäischen Ländern. Dort reagieren die 
    Unternehmen, präziser gesprochen, die Mediaplaner, etwas positiver mit der 
    Distribution ihres Mediabudgets. Sie verstehen, dass es ihnen langfristig 
    mehr nutzen wird, in der Independent Szene Investitionen zu tätigen, als das 
    „langweilige“ Standardprogramm Jahr für Jahr durchzuziehen. M Publication 
    wird von niemandem gesponsert. Es finanziert sich ganz klassisch durch 
    geschaltete Anzeigen und durch den Verkaufserlös. Von Anfang an glaubten 
    einige Unternehmen wie Adidas, Strenesse, Absolut und Lee Jeans, dass die 
    Buchung ihrer Anzeigen in M Publication goldrichtig ist. Ihnen ist bewusst, 
    dass M Publication nicht nur ihre Zielgruppe erreicht, sondern auch 
    gleichzeitig einen authentischen Zugang zu den diversen Subkulturen pflegt, 
    die sich gerade für internationale Brands als unschätzbar wichtig erweisen. 
    Nein, M ist nicht nur ein Informationsträger; die Independent Magazine 
    prägen, beeinflussen und kultivieren die Subkultur-Szene. 
     
     
    Die Gegenwart: Wie kann sich M noch steigern? 
     
    Lloyd: An M Publication zu arbeiten ist für 
    mich vergleichbar mit der Arbeit in der Modeindustrie: die neue Kollektion 
    zählt. Was kommt als nächstes? Welches Thema steht an und mit welchem 
    Künstler will ich neue Wege einschlagen und wer wird ein zweites Mal dabei 
    sein? Und selbstverständlich soll sich das Niveau von Ausgabe zu Ausgabe 
    steigern. Es wäre gelogen zu sagen, ich sei mit jeder Ausgabe 
    hundertprozentig zufrieden. Nein, keineswegs. Mal ist der Text nicht so 
    passabel, mal wurde das Foto-Briefing nicht richtig umgesetzt, mal sind die 
    Illustrationen nicht optimal, und mal reicht die Zeit nicht aus, alles noch 
    einmal zu machen. In solchen Augenblicken verspricht man sich selbst, dass es 
    Verbesserungen geben muss – strukturelle, organisatorische, künstlerische 
    und inhaltliche. Ein Stillstand wäre in diesen Job der Tod. 
     
    Die Gegenwart: Warum sollte man M kaufen? 
     
    Lloyd: Warum sollte man i-D, Tank, Neo2, +81 
    und Uovo kaufen? Weil sie alle Freude bereiten und weil sie alle anders sind 
    und sich doch in der einen oder anderen Weise ergänzen. Am liebsten würde 
    ich alle Independent Magazine gebündelt anbieten, so kommt man in den Genuss 
    von unendlich vielen Welten. 
     
    Die Gegenwart: Ist eine größere Auflage denkbar? 
     
     
    Lloyd: Eine größere Auflage ist nicht geplant 
    und meines Erachtens ist es auch nicht notwendig, diese zu erweitern. Die 
    auserwählte Zielgruppe, auf die es mir ankommt, hat M Publication mit der 
    Auflage von 13.000 bereits erreicht. M Publication ist weit in die 
    Vereinigten Staaten, Japan, Frankreich, England, Norwegen, Schweden, 
    Australien und viele andere Länder vorgedrungen. Dort wird M in den 
    angesagtesten Boutiquen, Clubs, Shoppettes und Insider-Galerien verkauft. 
    Die M-Zielgruppe wirkt selber multiplikatorisch. M wird als Insider-Tipp 
    gerne weitergereicht. Die Leute, die M kennen sollten, haben M bereits 
    gekauft und sind eingefleischte Sammler. Sie befinden sich bereits in 
    unserer Database und zählen zu den Premium M Collectors. Für diese Gruppe 
    werden gesondert Poster, Postkarten, Bücher, Insider-Parties und andere 
    limitierte Produkte erstellt. Es lohnt sich eher Ressourcen in die 
    Kultivierung dieser Community zu stecken, um ihnen dadurch weitere Values 
    anzubieten. 
     
    Die Gegenwart: Ist M mehr als der Prototyp eines optimal gestalteten 
    Magazins? 
     
    Lloyd: M ist eine Mischung zwischen Kunst und 
    Kommerz; ein Hybrid, das beides zulässt ohne dass sich beide Welten 
    einschränken oder stören. Jedes Heft entsteht aus der 
    Zusammenarbeit mit circa 
    150 Contributors – freien Mitarbeitern, die sich aus den verschiedenen 
    kreativen Disziplinen rekrutieren. Das sind zum Teil Newcomer der Branche, 
    aber auch international anerkannte Künstler, und sie sind in den diversen 
    Medienmetropolen positioniert. Die Inspirationen und Einflüsse dieser 
    aktiven Mitglieder sind unbezahlbare Schätze. Faszinierend ist auch die 
    Tatsache, dass ständig neue dazukommen, die an der Mitarbeit am Projekt 
    brennend interessiert sind. 
     
    Die Gegenwart: Wie wichtig ist Ihnen die Trennung von redaktionellem Teil 
    und Werbung? 
     
    Lloyd: Eine Trennung findet zwar statt, 
    allerdings suchen wir die Anzeigen nach dem Hauptthema aus. Der „Werbeteil“ 
    ist bei uns gern gesehen und ist auch ein Teil des redaktionellen Content. 
    Wir verstecken ihn nicht oder positionieren ihn nicht wahllos im Heft. Nein, 
    im Gegenteil, wir zelebrieren diese Anzeigen und haben eine „Selected Ads 
    Review“ eingeführt. So ähnlich, wie die des Lurzers Archiv. Unsere 
    neugierige Leserschaft will Einzelheiten und Background-Informationen. Wir 
    geben ihnen die Fakten. Somit haben die Anzeigen ihren Zweck bestens 
    erfüllt. Den Kunden zu verstehen und seine Ziele zu kennen ist mir sehr 
    wichtig, denn nur so können wir beide profitieren. Von daher vernachlässigen 
    wir weder unsere Leserschaft noch unsere Anzeigenkunden. 
     
    Die Gegenwart: Was wird nie in M stehen? 
     
    Lloyd: M behandelt Themen, wie alle anderen 
    Magazinen auch, aber vielleicht mit einer Prise Salz. M erörtert Themen 
    pointiert und provokativ, vielleicht wirkt der Inhalt gerade dadurch etwas 
    merkwürdig und gleichzeitig interessant. M bricht die Muster, die der Leser 
    normalerweise kennt. Als es in der zweiten Ausgabe um das Thema Luxus ging, 
    habe ich mich bewusst für Subthemen entschieden, die sich nicht in einem 
    Trend-Lifestyle-Magazin wieder finden würden. Ich wollte den Begriff Luxus 
    metaphysisch diskutieren, das Leben, die Zeit und der Raum, das ist Luxus. 
    Bewusst habe ich mich für Fotos von Neugeborenen, Särgen, nackten overplus 
    Menschen entschieden. Ganz bewusst habe ich mit Johan Norberg, Michael 
    Miersch und Dirk Maxeiner Interviews geführt, um den Ursprung für Luxus in 
    der heutigen Gesellschaft – den Kapitalismus – herauszuarbeiten. Ich fand, 
    dass diesem Wirtschaftssystem zu viel unrecht getan wird. Und sah meine 
    Aufgabe darin, nicht ein zehntes Mal über die Luxusmarke Maybach zu 
    berichten, sondern über das Wirtschaftssystem, dem wir alles verdanken. 
    Gleichzeitig habe ich das Modelabel CapitalismTM gegründet. Dass das nicht 
    „normal“ ist und dass sich vielleicht einige dabei widersprochen fühlen, das 
    ist mir glasklar. M hat es nicht auf bequeme Themen abgesehen. Bestätigt 
    wird mir mein Vorgehen durch das positive Feedback der Leser und der Branche 
    allgemein. 
     
    Die Gegenwart: Sind die Inhalte angesichts der grandiosen Optik und Haptik 
    des Magazins noch glaubwürdig?  
     
    Lloyd: Never judge a book by its cover.
    Die 
    journalistische Herangehensweise von M hat den Veranstaltern der 
    zweitgrößten Kunstmesse neben der Art Basel, der ARCO Madrid, 
    augenscheinlich gefallen; man hat mich dazu eingeladen, einen 45-minütigen 
    Vortrag über Journalismus und Informationsverpackungskunst zu halten. Sicher 
    kann man Information nüchtern in schwarzweiß auf Zeitungspapier drucken; das 
    hat plausible Gründe. Aber, wollen wir etwa La Guardia wegen des pink 
    kolorierten Papiers nicht mehr ernst nehmen? Warum sollte man Informationen 
    nicht geschickter und ästhetischer verpacken dürfen? So ist sie nicht mehr 
    „nur“ Information; sie erfüllt zugleich einen anderen Zweck und der Wert 
    steigt: sie macht Freude, ist schön, vielleicht eine Kunstform. Einem schön 
    angezogenen Menschen hört man bei gleicher Kompetenz sicher lieber zu, als 
    einem, der sich überhaupt keine Mühe bei seinem Aussehen 
    gibt, oder? 
     
    Die Gegenwart: Preise erhalten Sie regelmäßig, M ist sehr erfolgreich. Wie 
    geht es weiter? 
     
    Lloyd: Wie bisher auch, einfach weiter machen; 
    in diesem Fall hat Charles Darwin recht behalten – Survival of the fittest. 
    Es stehen aber auch einige Soloprojekte an. Zunächst bin ich mit dem 
    Kuratieren des 
     CMYK – International Independent Magazine Culture Festivals 
    beschäftigt. Ferner gibt es diverse Workshops, die ich an der Universität Lusofona 
    Lisabon zum Thema Editorial Design and Concept leiten werde. Zusammen 
    mit der Galerie Maxalot arbeite ich an einer Tapetenkollektion, die mit 15 
    renommierten Grafikdesignern entstanden ist. Und wenn mir die Zeit nicht 
    davonrennt, werde ich noch ein weiteres Magazin lancieren. Wer weiß, 
    vielleicht wird es ja ein Kontrastprogramm zu M Publication 
     
    Die 
    Gegenwart: Bitte fassen Sie M in einem Wort zusammen: 
     
    Lloyd: M gleich Metamorphosis.   |