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    Sexy Greise und weise Damen 
     
    
     
    
    
     
    Text:
    
    
    Jons Marek Schiemann    
    Bild: Photocase.de 
    
    
    
     
    
    
    Heute will zwar jeder alt werden, 
    aber keiner will alt sein und deshalb 
    wird der Gedanke an das Altsein gerne verdrängt.
    Das spiegelt sich auch in Spielfilmen wieder. Eine 
    positive Form der Verdrängung besteht in der Darstellung der Alten. Alte 
    werden zumeist voller Respekt mit Kraft ausgestattet, 
    wenngleich auch nicht physisch sondern eher psychisch,  
    und beeinflussen die Jüngeren als weise Mentoren. 
    Das kann zum Wohle (Obi-Wan Kenobi in Star Wars) 
    als auch zum Übel (der Großvater in Monsters Ball)
    der Jüngeren sein. 
     
    Ab einem bestimmten Alter sind gerade Schauspielerinnen nicht mehr gefragt,
    ganz m Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen. Dabei 
    haben es Schauspielerinnen einfacher, die zum Beispiel als 
    Model schon mit dreißig zum alten Eisen gehören und zumeist nur durch 
    ihr Aussehen bekannt wurden. Die Haltbarkeit von 
    Schönheit ist geringer als die des Talents. Es gibt 
    natürlich immer noch Rollen für ältere Schauspielerinnen.
    Auffällig ist dabei, das diese 
    vornehmlich als Charakterdarstellerinnen
    auftreten und nicht fü den guten Look 
    als ehemaliges Model sorgen. Cate Blanchett wird wohl noch in dreißig 
    Jahren bekannt sein und gefeiert werden, wie einstmals Katherine Hepburn 
    (die sie ja in Aviator sogar verkörperte). Denise Richards, Sarah 
    Michelle Gellar und andere so genannte Teenstars 
    werden voraussichtlich in der Versenkung verschwunden sein, 
    wenngleich derartige Prognosen 
    natürlich immer mit Vorsicht zu genießen sind. Vielleicht wäre die 
    ewig unterschätzte Marilyn Monroe ja heute auch noch aktiv. Schönheit ist 
    allemal vergänglicher, als schauspielerisches Können. 
    Der Jugendwahn treibt allerdings manchmal seltsame Blüten. 
    Einige der Darstellerinnen, die sich zurzeit zu den Schönsten
    zählen dürfen, sind schon jenseits der
    Dreißig, beispielsweise Halle 
    Berry.  
     
    Man könnte die These aufstellen: Je mehr Charakter jemand besitzt und 
    entwickelt hat, desto schöner ist er im Alter. Haben 
    Männer auch noch im Alter oder sogar gerade wegen ihres Alters die besten 
    Rollen mit einer ungeheuren Vielschichtigkeit und Tiefgründigkeit (vor allem 
    Clint Eastwood und Sean Connery, beide Mitte siebzig), sind diese Rollen für 
    Frauen zwar rar gesät, aber dennoch vorhanden. Der Sex spielt zwar bei ihnen 
    so gut wie keine Rolle mehr, wieder im Gegensatz zu den Männern (Sean 
    Connery könnte wohl jede haben, die er will), dafür 
    nehmen sie hauptsächlich die gute Seele in Anspruch, führen und geben Rat. 
    Die weise Dame eben. Auch wenn sie manchmal resolut 
    sein muss, wie Judi Dench als M in den neuen James-Bond-Filmen. Katherine 
    Hepburn verkörperte in einigen ihrer späteren Filmen zwar eine sehr resolute 
    Frau und schubste John Wayne (Mit Dynamit und frommen Sprüchen), 
    Humphrey Bogart (African Queen) und Henry Fonda (Am goldenen See) 
    herum, aber immer in einer bestimmten Absicht: sie machte die Herren zu 
    besseren Menschen und vermittelte zwischen diesen Einzelkämpfern und dem 
    Rest der Menschheit. Und sie übte sexuelle Anziehungskraft aus und brachte 
    somit ihre Filmpartner zum Kuschen. Wurde das Katherine Hepburn nicht übel 
    genommen, war sie doch eh eine Ausnahmeerscheinung, so löste der Film 
    Harold und Maude in den Siebzigern einen handfesten Skandal aus, weil 
    sich nicht nur ein junger Mann in eine Greisin verliebt, sondern weil diese 
    auch noch Sex miteinander haben. Ist die weibliche Partnerin im Film fast 
    zwanzig Jahre jünger als der Mann (wie Julia Ormond zu Sean Connery in 
    Der erste Ritter) so stört das anscheinend niemanden. Wird eine sensible 
    Liebesgeschichte zwischen zwei Fünfzigern erzählt, so 
    ist das aber wieder eine Schlagzeile wert, wie bei Brücken am Fluss 
     mit Clint Eastwood und Meryl Streep. 
     
    Interessant ist dabei die Beobachtung, dass Darstellerinnen häufig jung zum 
    Film kommen (meist mit Anfang zwanzig) und der größte Teil von ihnen schnell 
    verschlissen ist. Viele Herren dagegen wurden erst jenseits der dreißig zum 
    Star, wie zum Beispiel Burt Lancaster, Sean Connery und Clint Eastwood, die 
    alle ihre ersten Hauptrollen spielten, als sie schon über dreißig waren. 
    Solche Darsteller bekommen kraft ihrer Ausstrahlung, die meist aus der 
    Persönlichkeit resultiert, noch hervorragende Rollen. Christopher Lee ist 
    immer noch aktiv (Herr der Ringe 1-3, Star Wars 2 und 3, Die 
    purpurnen Flüsse 2), obwohl über achtzig und schon manchmal totgesagt.
     
     
    Allerdings ist dieser Segen der späten Jahre manchmal auch ein Fluch. So 
    soll der hervorragende Sir Alec Guiness kurz vor seinem Tod gesagt haben: 
    „Die Jungen kennen mich doch nur als Obi-Wan Kenobi aus Star Wars. 
    Meine wichtigen Filme kennen sie nicht mehr.“ Da hatte er wohl leider recht. 
    Aber die Rolle des Obi-Wan Kenobi ist prägend, da die Figur der Archetypus 
    per se für den weisen Mentor ist. Und Archetypen sind 
    unsterblich.  
     
     
    
    
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    AUSGABE 44 
    DIE NEUEN JUNGEN ALTEN 
     
     
      
     
    
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    BRÜCKERHOFF 
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