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    Netzer gegen Klopp gegen Völler 
     
     
    
     
    Text: 
    
    
    Stefan Nicola    
    Bild: Photocase.com 
     
    
    
    Falls es noch 
    keiner mitbekommen hat: Die Fußball-WM ist vorbei – und nein, sie wird so 
    nicht mehr wiederkommen. Während die deutschen Kicker durchweg überzeugten, 
    wurde auch abseits des Spielfelds (im Fernsehstudio) geackert bis brilliert. 
     
    Zu erst die gute Nachricht: Heribert „N’Abend allerseits“ Fassbender ist 
    diesmal nicht im Einsatz gewesen. Berüchtigt seine verbalen Fehltritte bei 
    den letzten Großturnieren -- im Finale 1998 nannte er einen gewissen Ronaldo 
    immer wieder Romario, und vier Jahre später wurde er berühmt mit dem Spruch: 
    „Und jetzt skandieren die Fans wieder ‚Türkiye! Türkiye!’ Was so viel heißt 
    wie ‚Türkei! Türkei!’“ Aber auch sonst macht es einfach keinen Sinn, über 
    die Leistung der Kommentatoren zu richten. Denn mal ehrlich: Die meisten 
    Fans haben den Rhétys und 
    
    
     Beckmanns 
    der WM 2006 sowieso nicht zugehört -- deren Kommentare gingen im Jubel der 
    Public Viewing Partys chancenlos unter.
    Bewertet wird deshalb die Leistung der deutschen Fernsehberichterstattung 
    vor und nach den 90 oder 120 Minuten.  
     
    Hier die offizielle WM-Rangliste: 
     
    WM-Titel: ZDF 
     
    Den Titel holte sich souverän das Zweite Deutsche Fernsehen, mit dem 
    magischen Dreieck Kerner – Klopp – Meier. Die Atmosphäre im Berliner Sony 
    Center wurde der Euphorie auf den Straßen am ehesten gerecht. Vor allem der 
    Mainzer Coach hat bewiesen, dass Taktik alles andere als bieder sein kann. 
    Vor und nach den Spielen waren seine Analysen die treffendsten, 
    beeindruckend seine Detailkenntnisse über die Spieler dieses Turniers. Seine 
    Sprüche belebten, wie nach der lahmen Vorrundenpartie 
    Argentinien-Niederlande, die torlos endete: "Das Spiel war wie Weihnachten, 
    wenn es nur Socken gibt. Da freust du dich das ganze Jahr und dann gibt’s so 
    ein Drecksgeschenk!" Toll auch die multimediale Taktik-Tafel und die 
    3-D-Animationen, die Spielszenen aus der Sicht des Spielers oder des 
    Schieds- und Linienrichtergespanns zeigten. 
     
    Die Nominierung von Urs Meier, dem Ex-FIFA-Schiedsrichter aus der Schweiz, 
    hatte im Vorfeld überrascht. Doch sie war nur schlüssig: Fußball-Kumpel 
    „Kloppo“ auf der einen, Meier, der gestrenge Eidgenosse, auf der anderen 
    Seite des emotionalen Spielfeldes. Dass sich beide dann oft bühnenreif 
    kabbelten, war für die Zuschauer und das ZDF ein Glück. Während Meier jede 
    Schiedsrichterentscheidung – und war sie noch so offensichtlich falsch – mit 
    Herzblut verteidigte („Aus dieser Sicht hätte ich auch so entschieden“), 
    haute Klopp auch mal emotional dazwischen, wenn es gar zu bieder wurde: 
    „Also Urs, das ist doch völliger Quatsch!“ Kerner, in seiner Rolle als 
    Lieblingsschwiegersohn, durfte mit seinem Charme oft nicht mehr als 
    vermitteln. 
     
    Trotz des Erfolges des WM-Studios muss das ZDF bei der EM 2008 aufpassen: Am 
    Party-Kloppo, der alles „einfach nur geil“ findet, kann man sich schnell 
    satt sehen und hören. 
     
    Viertelfinale: ARD 
     
    Günter Netzer und Gerhard Delling, die Kessler-Zwillinge der 
    Fußballberichterstattung, kommen nur noch für jene frisch rüber, die zum 
    ersten Mal einschalten. Die künstlichen Streitereien zwischen dem langen 
    Delling und dem kurzen Netzer wirken mittlerweile aufgesetzt. Und im 
    Vergleich zu Klopps Analysen werden Netzers Ausführungen immer banaler („Ich 
    wünsche mir auch in der zweiten Halbzeit eine runde Leistung, das würde die 
    Leistung insgesamt abrunden.“). Man hat das Gefühl, dass Netzer nur stark 
    analysiert, wenn die deutsche Nationalmannschaft schwach spielt. Dellings 
    gutes Sprachgefühl kam auch während dieser WM zum Vorschein, und die 
    Vorberichte zu den Spielen sind im Ersten immer noch die Besten – 
    stimmungsvoll und mit viel Liebe zum Detail. Und manchmal schaffen die 
    beiden es doch, mir ein Lächeln abzugewinnen (vor allem wenn Netzer 
    „Torwächter“ sagt). Dennoch reicht es nicht, um das Zweite zu verdrängen. 
     
    Vorrunden-Aus: RTL 
     
    Günter Jauch muss sich gefühlt haben wie David Beckham im englischen 
    Nationalteam: Ein feiner Techniker, ein Mann von Welt, und um ihn herum nur 
    Proleten. Rainer Calmund, Rudi Völler und dazu – ja wieso eigentlich? – Eva 
    Padberg. Das blonde Supermodel interviewte Stars wie Luis Figo, einem 
    ruhigen, fast verschlossenen Kicker, dem auch die Brüste der deutschen 
    Schönheit keine überraschenden Worte entlocken konnten.  
     
    Jauch versteht was vom Fußball, er hat schon Spiele kommentiert, die gar 
    nicht stattfanden, und das hervorragend: man erinnere sich an die 
    Champions-League Partie Real Madrid gegen Borussia Dortmund, mit dem 
    umgefallenen Tor. Doch alleine konnte er den Karren nicht aus dem Dreck 
    ziehen. 
     
    Völler ist zwar immer noch beliebt (die Ruuudiiii-Rufe auf der Berliner 
    Fanmeile unterbrachen so manches Interview), aber als Analytiker taugt er 
    nun wirklich nicht viel: „Man muss sehen was die zweite Halbzeit bringt“, 
    dafür bitte 5 Mark ins Phrasenschwein, Herr Völler. Und Quasseltante Calmund 
    ist auch eher ein Klopp für Arme. Der schlimmste: RTL-Experte Jürgen „Litti“ 
    Littbarski, der beim Vorrundenspiel seiner Japaner kurzerhand den 
    etatmäßigen Kommentator außer Kraft setzte und ohne Punkt und Komma das 
    Spiel beschrieb. Mut zur Stille, kann man da nur sagen! 
     
    Fazit: Liebe Damen und Herren von RTL, das Konzept von „Explosiv“ lässt sich 
    einfach nicht auf die WM übertragen.   | 
    
    AUSGABE 49 
    GUTES FERNSEHEN –  
    SCHLECHTES FERNSEHEN 
     
     
      
     
    
    
    STARTSEITE 
     
    EDITORIAL VON BJÖRN 
    BRÜCKERHOFF 
    
    INTERVIEW MIT UWE KAMMANN 
    UND EWIG FEHLT DER KÜPPERSBUSCH 
    EXPERTINNEN-INVASION AUF RTL 
    2 
    QUALITÄT, (UN-)BEKANNTE GRÖSSE 
    DIE VERUNGLÜCKTE LEHRPROBE 
    NETZER GEGEN KLOPP GEGEN VÖLLER 
    
    GESCHMACKSSACHE: KOCH-MEDITATION 
    WELTGESCHEHEN MIT SCHLAGOBERS 
    "CORDULA, DU WILLST MIT RALF..." 
    WO IST DIE GRENZE DER MENSCHENWÜRDE? 
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