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    Das 
    eigene Redaktionsblog verkündete den Tod des Muttermediums: das 
    Medienmagazin „V.i.S.d.P.“ ist eingestellt. „Wir sind einfach zu wenige! Es 
    gibt um die 50.000 Journalisten in Deutschland. Ein nicht geringer Teil 
    davon hat sich geweigert, uns zu abonnieren. Ein weiterer Teil bekommt schon 
    andere Medienmagazine ungefragt zugeschickt. Jetzt sparen wir uns einfach 
    Druck und Vertrieb und sind eben ganz vorne dabei, was Online- Journalismus 
    angeht“ – so war es auf der Website zu lesen. Zwei Jahre lang hat das 
    Medienmagazin „V.i.S.d.P.“ sein Spiel mit den Medien getrieben. Ein hippes 
    Scherenschnitt-Layout, Hintergründe, Reportagen, Personalien, Streitereien 
    mit Thomas Leif und seinem Netzwerk Recherche, den bunten Galabildern von 
    Medienveranstaltungen – so bleibt das nun eingestellte Periodikum in 
    Erinnerung. Mit Ausgabe 17 war Schluss. „Journalisten sind ja gewohnt, dass 
    es alles umsonst gibt“, kommentiert Herausgeber Hajo Schumacher die 
    Einstellung von „V.i.S.d.P.“. Mehr bezahlte Abos habe das Magazin benötigt. 
    Druck und Vertrieb würden immer teurer werden und überhaupt: Der Vorlauf 
    eines monatlichen Magazins sei viel zu lang. „Wie soll man Ende Mai bereits 
    die Themen planen, die im Juli noch halbwegs aktuell sind?“ Jetzt 
    gibt das 
    Team „V.i.S.d.P.“ als wöchentlichen PDF-Newsletter heraus, so Schumacher. 
    Einen Vorteil hat das: So können die Blattmacher noch bis zum Freitagmittag entscheiden, was am 
    Nachmittag verschickt werden soll.  
     
    Vielleicht ist das Ende von „V.i.S.d.P.“ symptomatisch für den 
    Medienjournalismus. Die Medienseiten in Tageszeitungen verkommen zu 
    Tatort-Nachbesprechungen. Der Kostendruck in den Redaktionen lässt die 
    Chefetagen zuerst beim Medienredakteur sparen. Eine gleichbleibende Zahl von 
    Lesern muss zwischen immer mehr Titeln auswählen. Wer braucht schon 
    Medienjournalismus? 
     
    Wir alle. Politik und Medien zum Beispiel – so sieht es Julia Salden. Die 
    junge Journalistin arbeitet für das NDR-Medienmagazin „ZAPP“ und hat sich 
    jüngst mit der Macht der Suchmaschine „Google“ auseinandergesetzt. Sie 
    untersucht das dynamische Machtverhältnis zwischen Politik und Medien. In 
    der Vergangenheit haben Medien bewiesen, dass sie nicht 
    immer verantwortungsvoll 
    mit Macht umgehen. Dann ist da noch die Macht der PR, die Druck auf die 
    Medien ausübt. „Das ist sehr gefährlich, denn das ist das einzige was wir 
    Journalisten haben: Glaubwürdigkeit. Das ist das Pfund, mit dem wir 
    wuchern. Wenn das verloren geht, dann können wir einpacken“, so Salden.
    
     
     
    Selbstkontrolle, diese Aufgabe muss der Medienjournalismus wahrnehmen. Das 
    findet auch Hajo Schumacher. „Wir sollten nicht nur Debatten über andere 
    führen, sondern auch einmal eine Debatte über uns anfangen und dann auch 
    damit zum Schluss kommen.“ Die Medien sollten sich im Klaren werden, was sie 
    mit ihrer Berichterstattung bewirken.  
     
    Aber zunächst gibt es einige Probleme, 
    mit denen sich der
    Medienjournalismus auseinander setzen muss. Es scheint, als 
    interessiere sich niemand mehr für den Medienjournalismus. „Wir haben ein 
    Wahrnehmungsproblem. Wir haben das Gefühl dass sich jeder Bürger für uns 
    interessieren sollte. In Wirklichkeit interessiert sich jeder doch nur für 
    sich selbst. Es gibt sehr viele Fachmagazine und sehr spezielle In-Group-Diskussionen, die dort geführt werden. Wenn sich die Metzgerinnung 
    über die Idealzusammensetzung der Trüffelleberwurst unterhält, dann 
    interessiert das vielleicht auch nur tausend Metzger in Deutschland. So 
    ähnlich ist das bei den Mediendebatten auch“, so Schumacher, der auch eine 
    Talkshow auf N24 moderiert. Dann die Eitelkeit – ein wunderbares Instrument 
    des Medienjournalismus. Wir alle sind eitel und gucken als erstes, ob über 
    uns geschrieben oder gesprochen wird. Der Medienjournalismus bewegt sich auf 
    einem schmalen Grad zwischen Selbstkontrolle und Selbstbeweihräucherung.  
     
    Für 
    junge Journalisten ist die Medienberichterstattung ein reizvoller Einstieg 
    in den Journalismus. Trotz neuer Medien sind vor allem klassische 
    Eigenschaften gefragt: Durchsetzungsfähigkeit. Kritischer
    Geist. Lust sich reinzuhängen. Diese Attribute helfen jungen Kollegen, sich 
    weiter sich zu etablieren, sagt Julia Salden. Hajo Schumacher sieht im 
    Medienjournalismus ein Sprungbrett für junge Kollegen: „Wenn sie die Kraft 
    und den Mut haben, ein großes Medienhaus lang anhaltend zu kritisieren, und 
    sie sich ein gutes Informationsnetz aufbauen und dann immer noch weiter 
    kritisieren, dann werden sie irgendwann von einem großen Verlagshaus 
     
    weggekauft. Sie werden ihnen ganz viel Geld anbieten, dass sie 
    nicht mehr gegen sie schreiben, sondern werden ihnen einen ganz tollen 
    Posten bei sich anbieten.“ Ob das ein wünschenswerter Weg 
    ist, sei dahin gestellt.  
     
    Wer möchte schon Jahr für Jahr über die 
    Intendantensitzung der ARD schreiben? „V.i.S.d.P.“-Schreiber Sebastian Esser 
    kehrt dem Medienjournalismus mit dem Ende der Medienzeitschrift auch den 
    Rücken. Er wird künftig für das neue Zeitschriftenprojekt „Vanity Fair“ 
    arbeiten. Die übrig gebliebenen Medienjournalisten fragen sich natürlich, wo 
    ihr Genre in Zukunft stattfinden wird. Das wird sich zeigen. Ob als Podcast 
    oder als PDF-Magazin – eines ist sicher: Nicht nur die Mediennutzung der 
    klassischen Medien verändert sich. Julia Salden vom NDR ist sich sicher, 
    dass nicht nur Zeitungen weiterhin Leser verlieren werden. „Irgendwann 
    warten wir nicht mehr bis es 20 Uhr ist – bis die Tagesschau kommt.“ Dann 
    komme es darauf an, dass bestehende Formate schon alternative 
    Verbreitungsformen etabliert haben um ihre Zielgruppe weiterhin an sich zu 
    binden. Das gilt auch für den Medienjournalismus. 
     
    In welchen Formaten der Medienjournalismus weiterleben wird, wissen wir noch 
    nicht. Über Experimente, Siege und Niederlagen werden wir nachlesen können.   | 
    
     
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