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    Wenn ein 
    Unternehmen einen Neuanfang markieren will, muss oft ein neuer Name her. Das 
    ist die Stunde der Markengestalter. Im Herbst 2007 war wieder Zeit für eine 
    große Enthüllung.  
     
    Doch ein Schritt zurück:
    Aus der RAG AG (ehemals Ruhrkohle AG) ist im September 2006 ein Unternehmen 
    ausgegliedert worden, das die ehemaligen RAG-Sparten Chemie, Energie und 
    Immobilien vereint. In der RAG-Unternehmenssprache heißen diese Sparten 
    "weißer Bereich". Das Unternehmen trug zunächst die sperrige 
    Bezeichnung RAG-Beteiligungs-AG. Ein Wort-Ungetüm, das nicht für einen Neuanfang in der 
    Markenkommunikation taugt. So beauftragte man den Werbetexter und 
    Markengestalter Manfred Gotta, dem neuen Kind einen Namen zu verpassen, der 
    etwas mehr nach Aufbruch klingt. Gotta zählt zu den erfolgreichsten Vertretern seiner Zunft. Er hat vieles 
    von dem benannt, was wir heute  täglich nutzen: Autos, Waschmittel, 
    Telefongeräte, Software.  
     
    Das Ergebnis klingt technisch, leicht und ein bisschen wie eine Firma aus 
    einem Science-Fiction-Film: Evonik Industries, kurz Evonik. Die 
    RAG gibt es 
    freilich weiterhin, sie umfasst den schwarzen Bereich, das Bergbaugeschäft.
     
     
    Markus Langer leitet die Abteilung Konzernmarketing von Evonik. Er 
    verantwortet damit die Steuerung der neuen Konzernmarke. Doch bevor die 
    Marke mit Relevanz aufgeladen werden konnte, musste sie mit viel Schwung die 
    Aufmerksamkeit ihrer Zielgruppen binden. Und diese Zielgruppen sind äußerst 
    vielfältig. 
     
    
    
    Im Neue Gegenwart-Interview spricht Markus Langer über die Strategie hinter 
    der Markeneinführung und die crossmediale Kampagne "Wer macht denn so was". 
    Und er berichtet darüber, wie Evonik den Markennamen 16 Monate lang geheim 
    halten konnte – obwohl bei der 
    Markeneinführung ein Großplakat zum Einsatz kam, das fast 
    die gesamte Fassade der Konzernzentrale beanspruchte. 
     
     
    
    
    
    Herr Langer, wie sind die Kampagnen zur Einführung der Marke Evonik aufgebaut? 
     
    Markus Langer:
    Im Herbst 2007 ging es darum, die Marke Evonik einzuführen. Für diese neue 
    Marke mussten wir erst einmal Relevanz schaffen. Man kann ja nicht per se 
    eine große Aufmerksamkeit erwarten, wenn sich ein Unternehmen einen neuen 
    Namen gibt. Schließlich hat sich in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe 
    von Unternehmen umbenannt, ohne dass dies eine große Resonanz gefunden 
    hätte. Wir wollten eine neue Unternehmensmarke einführen und sie bei unseren 
    wichtigen Zielgruppen verankern. Damit brauchten wir eine 
    aufmerksamkeitsstarke Einführungskampagne. Der Dreh- und Angelpunkt war die 
    Geheimhaltung des Markennamens. Wir haben den Namen 16 Monate lang geheim 
    gehalten. Um diese Geheimhaltung herum konnten wir eine Einführungskampagne 
    konzipieren, die zweigeteilt war. In der „Teaserphase“ haben wir mit 
    überraschenden Bildern und der Frage „Wer macht denn so was?“ – aber ohne 
    Absender – Neugier geweckt. Diese Phase begann im Internet bereits drei 
    Wochen vor der Veröffentlichung des neuen Namens, im Fernsehen und in den 
    Printmedien ging es zehn Tage vorher los. In der sechswöchigen 
    Auflösungsphase haben wir anschließend das Geheimnis um Absender und 
    inszenierte Leistungen gelüftet. Durch diese Konzeption haben wir es 
    geschafft, eine große Neugier auf das, was da kommen würde, zu erzeugen – 
    und damit Relevanz zu schaffen. 
     
     
     
    
    
     
    
     
    
    
    Bitte bewegen Sie den Mauszeiger auf das Bild, um das Menü 
    einzublenden.  
    (Bilder: Evonik Industries). 
    
    
     
     
    
    Haben sie bei der Konzeption die Besonderheiten der Medien berücksichtigt?  
     
    Markus Langer:
    Uns war von Anfang an klar, dass die Kampagne crossmedial ausgerichtet sein 
    musste. Die verschiedenen Medien sollten sich mit ihren spezifischen 
    Vorteilen ergänzen. Unser Vorteil ist, dass wir eine sehr prägnante 
    Markengestalt haben: die Verbindung einer ungewöhnlichen Farbe mit einem 
    starken Markenzeichen und einem eigenständigen Gestaltungselement, dem Clip. 
    Der Clip ist aus dem Schriftzug Evonik abgeleitet – eine rechteckige Form, 
    die mit einem Halbkreis abschließt, immer im Anschnitt steht und ins Bild 
    hineinragt. Diese Markengestalt hat uns geholfen, die Kampagne über die 
    verschiedenen Medien zusammenzuhalten. Das Fernsehen ist natürlich 
    unverzichtbar, wenn man sehr schnell eine hohe Bekanntheit aufbauen will, es 
    hat eine sehr starke emotionale Kraft. Print ist wichtig, um mehr 
    Informationen zu vermitteln und um Markentypik aufzubauen – also zu 
    vermitteln, wie die Marke auftritt, damit sie später leichter erkannt werden 
    kann. Das Internet hat den Vorteil, dass man die Informationen vertiefend 
    anbieten kann, auf die man im Fernsehen und in den Printmedien neugierig 
    gemacht hat. 
     
    
    In welchem Medium haben sie mit ihren Kampagnen den größten Erfolg? 
     
    Markus Langer:
    Wenn es nur um den schnellen Aufbau von Markenbekanntheit geht, kommen sie 
    am Fernsehen nicht vorbei. Dort haben wir auch die besten Werte erzielt, 
    wenn es um die Erinnerung unserer Werbung durch Testpersonen ging. Trotzdem 
    wäre es falsch zu sagen, dass wir im Fernsehen am erfolgreichsten gewesen 
    sind. Eine reine Fernsehkampagne würde uns nichts nützen, denn jedes Medium 
    hat seine spezifischen Vorzüge. In unserer aktuellen Kampagne gibt es zum 
    Beispiel einen  
    
     Werbespot, der in einem Sportgeschäft spielt. Ein Junge 
    probiert einen Fußballschuh an und tritt dabei versehentlich gegen einen 
    Schuhlöffel. Der Schuhlöffel geht ab wie eine Rakete und zerlegt auf eine 
    unglaublich präzise Weise das Sportgeschäft. Am Schluss kommt die Frage: 
    „Wer macht eigentlich, dass Fußballschuhe präzise schießen können?“ Wenn sie 
    sich den Spot ansehen, werden sie sagen: Das ist pfiffige Werbung. Und sie 
    werden verstehen, dass Evonik in diesem Schuh drin ist und zu der Präzision 
    beiträgt. Aber was genau die Leistung von Evonik ist, das kann ihnen das 
    Fernsehen nicht verraten. Das erfahren sie erst, wenn sie ins Internet 
    gehen, wenn sie unseren Online-Werbebannern folgen oder direkt unsere 
    Website aufrufen. 
     
    
     
     
    
    
      
     
    
    
    Videos:
    
    Evonik-Spots 
     
     
      
    
    
    
     
    
    
      
    
    
     
     
    Tun das viele? Geht die Aufmerksamkeit für die Marke also so weit, dass die 
    Wirkung des Fernsehens bis ins Internet reicht? 
     
    Markus Langer:
    Wir wissen natürlich nicht, ob die Besucher unserer Website über das 
    Fernsehen zu uns gekommen sind. Wir schalten ja auch Werbung auf den großen 
    Websites wie Spiegel Online oder Handelsblatt.com. Aber in diesen 
    Werbebannern sind unsere Fernsehspots eingebettet. Sie sehen den farbigen 
    Clip und einen Teil des Werbefilms. Wenn sie mit der Maus über den 
    Werbebereich kommen, fährt das Banner aus, und sie sehen den ganzen 
    Fernsehspot. In einem zusätzlichen kleinen Fenster wird in fünf Sätzen 
    erklärt, welche Leistung dahinter steckt. Wenn sie das Banner anklicken, 
    gelangen sie zu unserem Internetauftritt, wo sie weitere multimediale 
    Inhalte zu diesem speziellen Thema finden. Auf diese Weise haben wir 
    sichergestellt, dass die Zielgruppe den Fernsehspots auch im Internet 
    begegnet, so dass die beiden Medien sich gegenseitig verstärken. In den 
    ersten vier Wochen haben unsere Online-Banner rund 54.000 Nutzer auf unsere 
    Website gezogen. 
     
    
    Ihre Kampagne ist sehr präsent und richtet sich offenbar an alle. Warum muss 
    jeder Evonik kennen? 
     
    Markus Langer:
    Wenn sie als Unternehmen eine starke Marke sind – also nicht nur über starke 
    Produktmarken verfügen – dann heißt das auch, dass sie einen 
    Vertrauensvorsprung haben in all den Zielgruppen, die sie als Unternehmen 
    ansprechen. Das betrifft den Kapitalmarkt, aber auch den Arbeitsmarkt. Dort 
    wird es immer wichtiger, sich als starke Marke zu positionieren. Der Kampf 
    um die besten Talente wird immer schwieriger. Wenn man sich die Rankings der 
    einschlägigen Wirtschaftsmagazine über die beliebtesten Arbeitgeber von 
    Hochschulabsolventen ansieht, dann kann man feststellen, dass oben fast 
    immer die Unternehmen stehen, die starke Marken sind. Aber das trifft 
    natürlich genauso auf das gesellschaftliche Umfeld und auf unsere Kunden zu. 
    Insofern macht es auch für ein Business-to-Business-Unternehmen sehr viel 
    Sinn, in eine Unternehmensmarke zu investieren. Auf keinen Fall 
    unterschätzen darf man auch die Wirkung, die eine solche Marke nach innen 
    hat. Eine Marke dient auch dazu, die Mitarbeiter zu integrieren. 
    Mitarbeiter können sich über die Marke leichter mit dem Unternehmen 
    identifizieren, das ist ein Faktor in der Motivation. 
     
     
    Haben dazu nicht auch die vorherigen Marken beigetragen? 
     
    Markus Langer:
    Wir haben diese neue Marke eingeführt, weil wir deutlich machen wollten, 
    dass hier ein neuer Industriekonzern entstanden ist. Vom Start weg sollte 
    der Konzern als ein eigenständiges Unternehmen wahrgenommen werden; er 
    sollte nicht mehr im Schatten der verschiedenen Vorgängergesellschaften 
    stehen. Nicht im Schatten der RAG, aus der Evonik als Spin-Off 
    hervorgegangen ist, auch nicht im Schatten der Degussa, die die 
    Vorgängergesellschaft für das Chemiegeschäft war. Und wenn sie wieder an die 
    Mitarbeiter denken: Wir haben eine ganze Reihe von Fusionen durchlaufen. 
    Nehmen wir den Mitarbeiter aus Darmstadt, für den Evonik die vierte neue 
    Marke innerhalb von zwanzig Jahren ist. In den 90er-Jahren arbeitete er noch 
    bei einem Unternehmen, das Röhm hieß. Dann wurde das Unternehmen 
    übernommen von Hüls. Dann fusionierte Hüls mit Degussa 
    zur Degussa-Hüls. Und dann fusionierte die Degussa-Hüls mit 
    der SKW Trostberg und hieß nur noch Degussa. Und jetzt kommt
    Evonik als neue Unternehmensmarke. Wie viel Bereitschaft können sie 
    nach so vielen Namenswechseln von einem Mitarbeiter erwarten, sich mit der 
    neuen Marke zu identifizieren? Ich würde sagen: so gut wie keine. Sie können 
    nur dann eine Bereitschaft erwarten, wenn sie ihm etwas an die Hand geben, 
    womit er sich identifizieren kann. Und da hat unsere Kampagne sehr stark 
    nach innen gewirkt. 
     
     
    Was ist das wichtigste Element ihrer Einführungskampagne? 
     
    Markus Langer:
    Ganz wichtig ist die Markengestalt. Wir haben uns für eine Farbe 
    entschieden, die in unserem Wettbewerbsumfeld sehr ungewöhnlich ist. Wir 
    haben analysiert, wie die anderen Unternehmen in den Bereichen Chemie, 
    Energie und Immobilien auftreten. Und wir haben festgestellt, dass es da 
    einen blinden Fleck gibt, eine Farbe, die niemand benutzt. Eine Farbe, die 
    aber gleichzeitig sehr gut zu der Markenidentität unseres Unternehmens 
    passt. Das ist die Farbe Purpur. Purpur steht für Kreativität, für 
    Individualität, für das Unkonventionelle. Das passt also gut zum 
    Markencharakter eines kreativen Industriekonzerns. Purpur grenzt uns aber 
    auch gleichzeitig maximal ab von allen anderen Unternehmen, mit denen wir im 
    Wettbewerb stehen. Diese ungewöhnliche Farbe in Verbindung mit einem sehr 
    prägnanten Gestaltelement, nämlich dem Clip, sorgt für eine große 
    Aufmerksamkeit. Wie stark diese Markengestalt wirkt, sehen sie auch darin, 
    dass wir im Juni und Juli Teil der Kampagne „Print wirkt“ in Spiegel, Focus, 
    Stern und vielen weiteren Magazinen sein werden. „Print wirkt“ funktioniert 
    so: Der Bundesverband der Zeitschriftenverleger bittet Unternehmen mit 
    starken Marken, eine Anzeige zur Verfügung zu stellen, die bisher noch nicht 
    geschaltet worden ist. Die nehmen dann das Logo, den Text und das Produkt 
    raus und setzen in der Typographie der Marke „Print wirkt“ in diese Optik. 
    Und wenn das eine starke Marke ist, dann erkennt das jeder. Dass wir mit 
    Evonik jetzt schon Teil dieser Kampagne werden, ist ein ebenso 
    ungewöhnlicher wie überraschender Erfolg. Keine andere Marke hat es bisher 
    geschafft, innerhalb einer so kurzen Zeitspanne – in etwas mehr als einem 
    halben Jahr – in „Print wirkt“ aufgenommen zu werden. Alle anderen Marken 
    haben dafür Jahre oder Jahrzehnte gebraucht. 
     
    Sie waren auch sehr präsent in allen Medien.
    
     
     
    Markus Langer:
    Wir haben auf eine sehr aufmerksamkeitsstarke Mediastrategie gesetzt. In den 
    zehn Tagen vor und nach der Kampagne haben wir besonders intensiv Werbung 
    geschaltet. Im Fernsehen konnten sie innerhalb eines Werbeblocks drei 
    unserer Werbespots sehen. Auch in den Printmedien war das so: Im Spiegel 
    haben wir zum Beispiel drei Anzeigen hintereinander geschaltet. In 
    Tageszeitungen gab es montags, mittwochs und freitags Anzeigen von uns. Das 
    ist natürlich sehr auffällig gewesen. 
     
     
    Zusätzlich haben sie die Marke sehr lange geheim gehalten. 
     
    Markus Langer:
    Das Schlüsselelement der Einführungskampagne war sicherlich die 
    Geheimhaltung des Namens. Der Name an sich hat keine Bedeutung. Aber durch 
    die extreme Geheimhaltung konnten wir um den Namen herum die Einführung 
    eines neuen Industriekonzerns inszenieren. Das hat sehr gut funktioniert, 
    weil der Name 16 Monate lang vertraulich blieb. 
     
     
    Wie konnte das gelingen?
    
     
     
    Markus Langer:
    Nur ganz wenige Leute kannten den Namen. Und die, denen der Name vertraut 
    war, haben ihn nie benutzt. Selbst wenn man im kleinen Kreis zusammen saß, 
    wo jeder den Namen kannte, hat man immer nur von „N. N.“ gesprochen. Denn 
    wenn man den Namen einmal nennt, dann liegt er auf der Zunge. Und bei der 
    nächsten Gelegenheit rutscht er raus. Das war schon eine extreme 
    Konditionierung. Hat bei mir dazu geführt, dass ich auch nach der 
    Markeneinführung noch öfters von „N. N.“ gesprochen habe. 
     
    
    Immerhin haben sie ein Großplakat mit dem neuen Namen des Unternehmens an 
    ihrer Firmenzentrale angebracht, wenn auch zunächst verdeckt. Daran sind 
    viele Menschen beteiligt gewesen. Wieso hat niemand gepetzt? 
     
    Markus Langer:
    Die Planen wurden im Ausland produziert und aus vielen Teilen 
    zusammengesetzt, so dass kein Mitarbeiter, der damit beschäftigt war, das 
    große Ganze sehen konnte. Nur eine Person hat den Namen gesehen – der Mann, 
    der den Druckprozess am Computer gesteuert hat. Und auch diese Person wusste 
    nicht, wofür die Plane bestimmt war. Das Ganze lief unter dem Codewort 
    „Tirol-Projekt“. Insgesamt wurden drei Schichten angelegt. Die Verhüllung 
    hat zehn Tage vor der Einführung begonnen. Das Gebäude wurde dann nach und 
    nach enthüllt. Erst wurde die zweite Schicht freigelegt, dort stand in 
    weißer Schrift auf purpurnem Grund: „Guten Tag, ich bin neu hier!“. Am Tag 
    der Bekanntgabe wurde diese Schicht dann blitzartig weggezogen, und man sah 
    das neue Markenzeichen. Das war so gesichert, dass man auch von innen nicht 
    erkennen konnte, was da am Haus prangte. Auf der Seite des Hauses, auf der 
    ich arbeite, war es dadurch für zehn Tage stockduster. 
     
    
    Zur Einführung des Markennamens Eon hat der Konzern einfarbige 
    Anzeigen ohne Text geschaltet und rote Plakatwände gebucht. Die Marke, wenig 
    später veröffentlicht, sollte so zum Gesprächsthema werden. Ihre Kampagne 
    zur Einführung der Marke Evonik funktioniert ähnlich. Wie haben sie 
    es geschafft, die Aufmerksamkeit mit einem ähnlichen Konzept zu gewinnen? 
    Immerhin wird ihr Publikum auch sonst von allen Seiten mit Reizen 
    bombardiert. 
     
    Markus Langer:
    Solche Teaserkampagnen werden nicht oft gemacht, weil sie recht aufwändig 
    sind. Aber wenn man eine Teaserkampagne richtig umsetzt, kann man damit sehr 
    viel Aufmerksamkeit gewinnen. Eon ist mit seiner Einführungskampagne 
    sicherlich am stärksten vergleichbar mit der unsrigen. Man sieht aber auch 
    den Unterschied: Eon hat in der Teaserphase ganz auf die neue Farbe gesetzt. 
    Wir haben neben der Farbe auch schon Leistung kommuniziert. Man hat von 
    Anfang an Motive gesehen, die bestimmte Leistungen unseres Unternehmens auf 
    eine verschlüsselte Weise dargestellt haben. Die Frage „Wer macht denn so 
    was“ war doppeldeutig. Sie bezog sich einmal darauf, wer da eigentlich 
    auftritt – aber auch darauf, wer “so was“ eigentlich macht, also: „Wer 
    bringt einen Elefanten an die Wand“ oder „Wer lässt Seerosen in der Wüste 
    wachsen“. 
     
    
    Wie halten sie die Aufmerksamkeit auch in Zukunft aufrecht? 
     
     
    Markus Langer:
    Um eine neue Marke nachhaltig in den Köpfen zu verankern, reicht eine 
    zweimonatige Einführungskampagne sicher nicht aus. Das kann nur der Anfang 
    sein. Man muss diese Marke immer wieder aktualisieren. Deshalb läuft im 
    Augenblick die Fortsetzung unserer Einführungskampagne. Das 
    Kommunikationsmuster „Wer macht denn so was? – Wir machen so was“ haben wir 
    beibehalten, denn es hat sich in der Öffentlichkeit sehr schnell 
    durchgesetzt und sogar zu einem geflügelten Wort entwickelt. Es ist auch 
    ideal für uns, um die Vielfalt an Lösungen, die wir als kreativer 
    Industriekonzern anzubieten haben, herauszustreichen und auf eine 
    unerwartete Art zu inszenieren. Schon jetzt ist klar, dass wir die Kampagne 
    im Herbst fortsetzen werden. Die ersten Jahre nach der Einführung betrachten 
    wir als Jahre des Markenaufbaus, bis wir einen stabilen Sockel an 
    Bekanntheit erreicht haben. 
     
     
    Die Zielgruppe ist inzwischen in der Lage, ihre Meinung ungefiltert als Text 
    oder gar Video im Web zu veröffentlichen und sie anderen mitzuteilen. Zu 
    ihrer Kampagne gibt es viele Beiträge in Blogs und auf Videoplattformen. Der 
    Trendforscher Peter Wippermann behauptet, „Einwegkommunikation“ in der 
    Unternehmenskommunikation und im Marketing verliere an Relevanz, der 
    tatsächliche Dialog mit den Adressaten von Kampagnen werde wichtiger. Wie 
    beobachten sie die neuen Veröffentlichungsformen im Web? 
     
    Markus Langer:
    Wir sind im Wesentlichen ein B2B-Unternehmen, deshalb hatten Blogs in der 
    Vergangenheit für uns noch nicht denselben Stellenwert wie für Unternehmen, 
    die sich direkt an den Verbraucher wenden. In der heißen Phase der 
    Markeneinführung haben wir die wichtigsten Blogs beobachtet, aber wir haben 
    uns nicht selbst an den Diskussionen beteiligt und auch kein eigenes Blog 
    angeboten. 
     
    
    Wie könnte sich das in Zukunft ändern? 
     
    Markus Langer:
    Wir werden die Beobachtung der Blog-Landschaft sicherlich systematisieren. 
    Ob es für uns aber Sinn macht, selbst ein Blog für die breite 
    Öffentlichkeit anzubieten, bezweifle ich. Für ein B2B-Unternehmen wäre das 
    im Wesentlichen ein Akt symbolischer Kommunikation, der keinen anderen 
    Nutzen hätte, als allgemeine Dialogbereitschaft zu vermitteln. Führt aber 
    schnell in schwierige Situationen: Wie stark moderiere ich ein Blog? Setze 
    ich mich bei jedem Versuch der Steuerung dem Vorwurf der Zensur aus? Lasse 
    ich alles zu, nur um dem Vorwurf der Zensur zu entgehen? Muss ich nicht 
    konsequent eingreifen, um nicht selber für die Inhalte des Blogs zur 
    Verantwortung gezogen zu werden? Denken sie an die Diskussion über die 
    Kommentare im Blog von Stefan Niggemeier.  
     
    Ein Blog könnte für uns Sinn machen, wo wir auf eine genau umrissene 
    Zielgruppe treffen. Zum Beispiel, wenn das Unternehmen als Arbeitgeber im 
    Internet auftritt und ein Blog betreibt, um mit Studenten und Absolventen 
    zu kommunizieren. Da finden sie dann auch eine andere Ernsthaftigkeit in dem 
    Blog, die überhaupt erst einen echten Dialog ermöglicht. 
     
     
    
    Ihre Fernsehspots laufen auch bei Youtube und anderen Videoplattformen. Dort 
    kursieren auch simpel gemachte Parodien ihrer Marke, beispielsweise 
    „Eronik“. Wie reagieren sie darauf? 
     
    Markus Langer:
    Gar nicht. Wir schauen uns das an, nehmen das mit Vergnügen zur Kenntnis und 
    werten es als Indiz für die Durchsetzungskraft unserer Kampagne. Je mehr 
    Parodien es gibt, umso besser: Parodiert wird ja nur das, was das Publikum 
    mit Sicherheit sofort wieder erkennt. Und das heißt: Es ist uns tatsächlich 
    gelungen, in einer breiten Zielgruppe Relevanz zu schaffen. Einschreiten 
    müsste man nur dann, wenn tatsächlich eine Verwechslungsgefahr bestünde. 
    Aber die handwerkliche Qualität der Parodien ist oft weit von der 
    professioneller Spots entfernt. Jeder sieht sofort, dass wir das nicht 
    selbst sind. 
     
    Vielen Dank für das Gespräch.   | 
    
     
    Zur 
    Person 
     
    
    Markus Langer studierte Romanistik, Politik und 
    Wirtschaftswissenschaften und arbeitete als freier Journalist für die 
    Frankfurter Allgemeine Zeitung und den WDR, bevor er seine 
    Kommunikations-Laufbahn als Pressereferent bei der Bertelsmann AG in 
    Gütersloh begann. Dort entwickelte er Ende der 90er Jahre als Leiter der 
    Online-Kommunikation unter anderem das erste Intranet des Medienkonzerns, 
    das als „BeNet“ zu einem viersprachigen Nachrichten- und Serviceportal für 
    rund 80.000 Mitarbeiter ausgebaut wurde. In den Jahren 2004 bis 2006 
    verantwortete er die Interne Kommunikation der Degussa AG in Düsseldorf. 
    Seit Januar 2007 leitet er das Konzernmarketing der  
    
     Evonik Industries AG. In 
    dieser Funktion verantwortet er die Einführung und Steuerung der neuen 
    Konzernmarke sowie die Markenstrategie des Konzerns.  |